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Praxisbeispiel Düsseldorf

Neuer Input für den Betrieb – Weiterbildungsförderung bei der Bäckerei Hinkel, Düsseldorf

Die Bäckerei Hinkel, die zwei Filialen direkt in der Düsseldorfer Innenstadt betreibt, ist ein Traditionsunternehmen, das seit 1891 von der Familie Hinkel betrieben wird. Sophie Hinkel, die Tochter des jetzigen Inhabers Josef Hinkel, steigt gerade als fünfte Generation in das Unternehmen ein, das heute rund 35 Arbeitsplätze in der Produktion und 75 im Verkauf bietet. „Wir fokussieren uns in unserem Produktsortiment auf Brot („Die Bäckerei der Brotfreunde“) – das ist unsere Kernkompetenz“, sagt Betriebsleiter und Geschäftsführer Nicolas Biere. „Dabei legen wir Wert darauf, nur Naturprodukte zu verwenden und alles von Hand zu machen. Wir haben uns bewusst dafür entschieden, den Fokus nicht auf Expansion in Richtung Filialbäckerei zu richten, sondern auf qualitativ hochwertige Produkte, die wir mehrfach am Tag frisch backen, so dass der Kunde bei uns zu jeder Tageszeit Brote, zum Beispiel Baguettes, warm aus dem Ofen kaufen kann.“

Nicolas Biere ist ein kommunikativer und aufgeschlossener junger Mann. Er kann selbst eine hervorragende, über ein triales Studium erworbene Qualifikation vorweisen: Betriebswirt des Handwerks, Bachelor of Arts im Handwerksmanagement, Bäckermeister – und ist im Alter von 27 schon seit fünf Jahren in der verantwortungsvollen Funktion bei der Bäckerei Hinkel tätig. Auch wenn es um die Weiterbildung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geht, ist Nicolas Biere immer dabei. Sei es beim Thema der Qualifizierung von Bäckergesellen/-gesellinnen zu Bäckermeistern/-meisterinnen oder beim Thema Qualifizierung von Quereinsteigern zu Bäckereifachverkäufern/-verkäuferinnen – offizielle Bezeichnung: „Fachverkäufer*in im Lebensmittelhandwerk mit dem Schwerpunkt Bäckerei“.

„Es ist schwierig, Personal zu finden und auch, es langfristig an das Unternehmen zu binden“, sagt Nicolas Biere. Das betreffe sowohl das Bäcker-Handwerk als auch den Verkauf. Während die Bäckerei Hinkel in der Produktion verstärkt auf die Rekrutierung von Kräften mit Migrations- und Fluchthintergrund setzt – Nicolas Biere berichtet, dass mittlerweile Menschen aus 14 Nationen dort arbeiten oder eine Ausbildung machen –, nutzt sie im Verkauf die Möglichkeit, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ohne entsprechenden Berufsabschluss, die schon länger dort tätig sind, zu qualifizieren. Und das nun schon seit über zwei Jahren im Rahmen der Förderung durch das Qualifizierungschancengesetz (QCG).

In die Karten spielt der Bäckerei Hinkel dabei, dass die Bäckerfachschule Olpe – Akademie Deutsches Bäckerhandwerk, an der auch die Meisterprüfungen stattfinden, in diesem Zusammenhang das Projekt „Ausbildung kompakt für Quereinsteiger*innen im Verkauf“ aufgelegt hat. Diese Qualifizierung hat einen Umfang von insgesamt 161 Stunden, im Fall der Bäckerei Hinkel dauerte sie für die Teilnehmenden bei zwei Unterrichtstagen in der Woche etwa ein Dreivierteljahr. Abschluss ist eine der normalen Gesellenprüfung gleichgestellte Externenprüfung zum Bäckereifachverkäufer beziehungsweise zur Bäckereifachverkäuferin. „Die vorher ungelernten Kräfte haben also nach einem Dreivierteljahr ein sehr gutes Fachwissen und den vollwertigen Berufsabschluss, den man sonst erst über drei Ausbildungsjahre erreichen kann und können auch tariflich bessergestellt werden“, erklärt Nicolas Biere. Die Erfolgsquote ist überwältigend: Von den mehr als 150 Teilnehmern/innen der bisherigen Kurse haben nach Information der Bäckerfachschule Olpe bislang 100 Prozent die anschließende Gesellenprüfung bestanden. Natürlich waren auch die zwei Mitarbeiter und vier Mitarbeiterinnen im Alter zwischen Mitte 30 und Ende 40, die die Bäckerei Hinkel in drei Runden seit 2019 in die Qualifizierung schickte, erfolgreich.

Von der Möglichkeit der Weiterbildungsförderung für Menschen ohne oder mit keinem verwertbaren Berufsabschluss über das Qualifizierungschancengesetz und das Arbeit-von-morgen-Gesetz (§ 81 Abs. 2 des SGB III) erfuhr Nicolas Biere ebenfalls über die Bäckerfachschule Olpe. Die stellte den Kontakt zum zuständigen Ansprechpartner bei der Agentur für Arbeit Düsseldorf her, damals Mario Nikolay vom Arbeitgeberservice. Der Arbeitgeberservice wirbt aber auch selbst intensiv bei Unternehmen und deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für die Fördermöglichkeiten im Rahmen des QCG. Nicht nur bei den regelmäßigen Kontakten zu Unternehmen, die das Tagesgeschäft mit sich bringt, sondern auch gezielt im Rahmen von Vorträgen oder Veranstaltungsformaten, zum Beispiel, wenn es um die Rekrutierung von Fachkräften geht, die sich ja in vielen Branchen schwierig gestaltet. Ein weiterer Kanal auf dem der Arbeitgeberservice Düsseldorf vor der Pandemie für die Weiterbildung von Beschäftigten warb, war ein sogenannter „QCG-Stammtisch“, zu dem jeweils drei bis vier interessierte Unternehmen in Locations außerhalb der Agentur für Arbeit eingeladen wurden. „In diesem Rahmen war es möglich, in lockerer Atmosphäre intensiver in das Thema einzusteigen“, sagt Martin Janowski, der nun beim Arbeitgeberservice für das Thema zuständig ist.

Das QCG bietet verschiedene Möglichkeiten der Beschäftigtenqualifizierung, sowohl für ungelernte als auch für gelernte Kräfte. Bei der Förderung der Menschen ohne Berufsabschluss, die im Fall der Bäckerei Hinkel griff, ist Voraussetzung, dass die Person nicht über einen Berufsabschluss verfügt, und mindestens drei Jahre beruflich tätig gewesen ist, oder auf Grund einer mehr als vier Jahre ausgeübten ungelernten Tätigkeit eine Beschäftigung in einem erlernten Beruf voraussichtlich nicht mehr ausüben kann. Sie gilt dann als „wieder ungelernt“. Außerdem muss festgestellt werden, dass die Person für den angestrebten Beruf geeignet ist, voraussichtlich erfolgreich an der Maßnahme teilnehmen wird und ihre Beschäftigungschancen mit dem angestrebten Beruf verbessert. Dass eine Externenprüfung für den jeweiligen Antragsteller möglich ist, lässt sich die Agentur für Arbeit vor der Entscheidung über die Förderung von der zuständigen Kammer bestätigen.

Im Fall der Bäckerei Hinkel war die Erfüllung dieser Voraussetzungen kein Problem. Nicolas Biere war erfreut zu erfahren, dass die Förderung bei ungelernten Kräften nicht nur die Lehrgangskosten zu 100 Prozent abdeckt, sondern ebenfalls das Arbeitsentgelt für die Zeiten, in denen sich die Geförderten in der Schulung befinden und nicht als Arbeitskräfte zur Verfügung stehen. Darüber hinaus können auch Fahr-, und Kinderbetreuungskosten sowie Kosten für eine auswärtige Unterbringung gefördert werden, falls solche Kosten durch die Weiterbildung entstehen. „Für uns als Unternehmen entstehen also so gut wie keine Kosten“, stellt Nicolas Biere fest. Den Kontakt zur Agentur für Arbeit beschreibt er sehr positiv: „Sowohl Herr Nikolay als auch Herr Janowski sind ‚Kümmerer‘. Es reichten zwei, drei E-Mails bis wir die ersten Teilnehmer vorstellen und die Anträge ausfüllen konnten. Gerade bei der ersten Weiterbildung gab es etwas Zeitdruck, weil der Kurs kurz darauf startete – das hat alles problemlos geklappt.“ Der Düsseldorfer Arbeitgeberservice habe gute Tipps gegeben und sich in dieser Situation als sehr flexibel und reaktionsschnell bewiesen. Besonders, dass die Mitarbeiter des Arbeitgeberservice kurzfristig in den Betrieb kamen (in der Zeit vor der Corona-Pandemie) und sich so ein Bild vom Unternehmen und den Teilnehmenden machten, hebt Nicolas Biere positiv hervor.

Gerade wenn es um Details wie die Fahrtkostenerstattung geht, bestehe oft ein großer Informationsbedarf, stellt Martin Janowski fest. „Da stehen wir dann als Ansprechpartner zur Verfügung und unterstützen sowohl die Arbeitgeber als auch die Beschäftigten.“ Von der ersten Anfrage bis zum Start der Weiterbildung vergehen in der Regel nicht mehr als zwei, drei Wochen, wenn wegen des Starts eines Lehrgangs Eile geboten ist, geht es auch schneller.

Natürlich komme es immer mal zu Beratungen, die nicht direkt zu einer Weiterbildung führe. Nicht selten kämen dann Arbeitgeber aber nach einem halben Jahr oder auch mehr auf das Thema zurück.

Im Fall der Bäckerei Hinkel hat sich die Inanspruchnahme der Förderung mittlerweile als regelmäßiges jährliches Verfahren eingespielt. „Die Resonanz der Absolventen ist durchweg positiv. Sie sind nach der Weiterbildung einfach auf einem anderen Niveau, denken mit und bringen sich viel mehr ein. Man merkt ganz klar: Es kommt durch sie Fachwissen und neuer Input in den Betrieb, denn die Bäckerfachschule vermittelt auch immer wieder etwas Neues.“ Deshalb wundert es Nicolas Biere, dass diese Art der Weiterbildungsförderung von Branchenkollegen bisher nur verhalten angenommen wird – auch, weil bei der Höhe der Förderung kein Risiko für die Unternehmen erkennbar sei. „Ich kenne keinen Bäckereibetrieb, der keine Fachkräfte sucht. Das Argument, dass man Fachkräften höhere Löhne zahlen müsse und dass die Gefahr besteht, dass sie den Betrieb nach der Qualifizierung verlassen, kann ich nicht nachvollziehen. Dieses Risiko besteht immer. Auf der anderen Seite steht die Tatsache, dass man Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter durch eine Weiterbildung besser an das Unternehmen binden kann. Dazu kommt noch der fachliche Input, von dem das Unternehmen profitiert. Ich bin überzeugt davon, dass wir auf Dauer nicht auf Kräfte setzen können, die zum Mindestlohn arbeiten. Der Weg muss aus meiner Sicht sein, angemessene Löhne zu zahlen sowie eine transparente Wertschöpfungskette zu schaffen und damit einen transparenten Preis für das Produkt, der dann etwas höher sein wird als bisher.“

Die Agentur für Arbeit Düsseldorf hat im Jahr 2020 insgesamt rund 150 Weiterbildungen für Beschäftigte bewilligt. Im laufenden Jahr 2021, so Martin Janowski, sei man auf einem guten Weg, dieses Ergebnis deutlich zu übertreffen. Dabei spiele eine Rolle, dass der Bekanntheitsgrad des Instruments durch die breit angelegte Bewerbung auch bei den vielen kleineren und Kleinstunternehmen zugelegt habe. Eine zusätzliche Verstärkung dieses Trends sei durch die neuen Regelungen für Weiterbildungen von Beschäftigten während Kurzarbeit durch das Anfang 2021 in Kraft getretene Beschäftigungssicherungsgesetz abzusehen. Und so fällt die Bewertung des Gesamtpakets aus QCG und den ergänzenden gesetzlichen Regelungen durch den Arbeitgeberservice Düsseldorf sehr positiv aus: „Es ist ein sehr nützliches Instrument“, sagt Martin Janowski.

„Für die Unternehmen, um sich selbst besser aufzustellen und Beschäftigte zu binden. Und für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ebenfalls, denn je besser ich qualifiziert bin, desto wertvoller bin ich für das Unternehmen und desto gefragter bin ich auf dem Arbeitsmarkt. Also: ein Instrument, von dem alle profitieren.“

 

Kontakte
Duesseldorf_Janowski
Martin Janowski
Arbeitsmarktberater im Arbeitgeberservice (AGS)
der Agentur für Arbeit Düsseldorf
Tel.: 0211 6922140



Nicolas BiereDuesseldorf_Biere
Betriebsleiter der Bäckerei Josef Hinkel
Hohe Straße 31
40213 Düsseldorf
Tel.: 0211 86203420



 

Ansprechperson in der G.I.B.

Julian Agel
Tel.: 02041 767311
J.agel@gib.nrw.de

 

Autor

Frank Stefan Krupop
Tel.: 02306 741093
Frank_krupop@web.de


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